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Die Geschichte der Todesstrafe
Auf der Suche nach der humansten Art, Menschen hinzurichten

Den Menschen vergangener Epochen war der Begriff Humanität noch nicht bekannt. In der Frühzeit musste sich die gesamte Gemeinschaft an der Tötung des Schuldigen beteiligen. Die Steinigung ist ein klassisches Beispiel dafür. Sie wird schon in der Bibel erwähnt. Noch immer werden in streng islamischen Staaten zum Beispiel Ehebrecherinnen von ihrer Familie und allen Dorfbewohnern mit Steinen zu Tode gemartert. Artikel 119 des Islamischen Strafgesetzbuches bestimmt: "Die Steine, die bei der Steinigung verwendet werden, dürfen nicht nicht so gross sein, dass die Person, wenn sie von einem oder zwei Steinen getroffen worden wird, stirbt; sie dürfen nicht so klein sein, dass man sie nicht mehr als Steine bezeichnen kann."

Bei den Römern war in der Frühzeit der Felssturz die übliche Hinrichtungsart für freie Bürger während Sklaven für gleiche Straftaten gekreuzigt wurden. Der Verurteilte wurde von einer hohen, steilen Felsenklippe in den Abgrund gestossen. Allen römischen Hinrichtungsarten ging stets eine öffentliche Auspeitschung voraus.

Die Kreuzigung war die schimpflichste Strafe der Römer. Ein Gekreuzigter starb jedoch nicht an den Nagelwunden, sondern an Atembehinderung Kreislaufstörung und Herzversagen, die durch das Absacken des Blutes in die untere Körperhälfte verursacht wurden.

Auch das Erhängen gehört zu den uralten Hinrichtungsarten. Es war gelegentlich sehr qualvoll, gerade weil es manchmal längere Zeit dauerte bis der Tod, der durch die Kompression der Blutgefässe im Hals bzw. durch Behinderung der Atmung verursacht wurde, eintrat.

Die Garotte, das Würgeisen, wirkt ähnlich wie der Galgen. Der Delinquent sass an einem Pfahl, eine Eisenklammer um den Hals. Mit einer Schraube zog der Henker hinter ihm diese Klammer so an, dass sie das Opfer erdrosselte.

In der römischen Kaiserzeit war die Enthauptung die häufigste Hinrichtungsmethode. Sie wurde mit dem Beil vollzogen, welches im Mittelalter durch das Schwert ersetzt wurde. Die Enthauptungen gerieten sehr oft zu schrecklichen Quälereien. Ein makabres Beispiel dafür ist die Hinrichtung der schottischen Königin Maria Stuart im Jahre 1587: Der erste Hieb des Henkers geht fehl. Er trifft nicht den Hals, sondern den Hinterkopf der Königin. Sie bewegt die Lippen, und ihre Kammerfrauen glauben zu hören, wie sie "Sweet Jesus" murmelt. Der zweite Hieb trennt den Kopf noch immer nicht vollständig vom Rumpf. Der Henker muss mit dem Beil die letzten Muskeln zerschneiden, ehe der Kopf dann endlich zu Boden rollt.

Im Mittelalter wurden grausame Hinrichtungsarten wie Rädern, Vierteilen oder Zerstückeln, Ausweiden und Ausdärmen praktiziert. Sie gehören zu den blutigsten Metzeleien, die sich menschlicher "Erfindungsgeist" ausdenken konnte.

Auszug aus der "Carolina", der "Peinlichen Gerichtsordnung" Karls V. von 1532: "Es wird dem Delinquenten von des Scharfrichters Knechten erstlich mit einem grossen, dazu bereiten Messer ... die Brust gleich herunter von vorn aufgeschnitten, die Rippen herumgebrochen und herumgelegt, sodann das Eingeweide samt dem Herzen, Lunge und Leber, auch alles, was im Leibe ist, herausgenommen und in die Erde verscharret, anbei wohl dem armen Sünder vorhero aufs Maul geschmissen. Nach diesem wird derselbe auf einen Tisch, Bank oder Klotz gelegt, und ihm mit einem besonderen Beil erstlich der Kopf abgehauen, nach diesem aber der Leib durch sothanes Beil in vier Teile zerhauen, welche sämtlich, neben dem Kopfe ... an den Strassen aufgenagelt werden."

Als Frauenstrafe hatte man sich das Ertränken ausgedacht. Die Delinquentin wurde entkleidet und gefesselt ins Wasser gestossen, die Henkersknechte drückten sie mit Stangen unter Wasser. Besonders qualvoll war auch der Tod auf dem Scheiterhaufen.

Erst in der Neuzeit wurden die Methoden der Hinrichtungen "humaner". 1789 forderte Dr. Josef Guillotin vor der Nationalversammlung die Gleichheit aller Verurteilten vor dem Tod. Er präsentierte das Modell eines Fallbeils, die nach ihm benannte Guillotine. "Der Mechanismus wirkt wie der Blitz, der Kopf rollt, das Blut sprudelt, der Mensch ist nicht mehr", so die Worte von Dr. Guillotin über die Wirkung seiner Maschine. In England erfand man eine moderne Form des Erhängens, den "long drop" (langen Fall). Der Verurteilte stürzte mit einer Schlinge um den Hals durch eine Falltür in die Tiefe.

Mit der Erfindung der Feuerwaffe kam man auf den Tod durch Erschiessen. Bei einer solchen Hinrichtung sind gleich mehrere Schützen beteiligt, das soll die moralische Verantwortung des Einzelnen verringern.

Bei der Suche nach der optimalen Hinrichtungsmethode stiess man 1890 in Amerika auf den elektrischen Stuhl. Die "Illustrierte Zeitung" berichtete ausführlich über die erste Hinrichtung mit einem elektrischen Stuhl im Auburn-Gefängnis von New York: "Der Schilderung von Augenzeugen zufolge bot die Hinrichtung selbst ein wahrhaft grässliches Schauspiel dar. Nach dem ersten elektrischen Schlage versteifte sich der Körper, und die anwesenden Ärzte erklärten, dass der Tod eingetreten sei, ... als sich Lebenszeichen bemerkbar machten. Der elektrische Strom wurde daher von neuem geschlossen ... Erst nach der dritten. vier Minuten langen Anwendung des Stromes erfolgte der Tod ... In der amerikanischen Presse haben diese Ergebnisse der neuen elektrischen Hinrichtungsmethode einen solchen Sturm der Entrüstung hervorgerufen, dass die Wiederabschaffung derselben wohl außer Zweifel steht."

Die "Illustrierte Zeitung" sollte sich jedoch gründlich irren: Noch heute steht in den Gefängnissen einiger US-Bundesstaaten der elektrische Stuhl, und noch immer ereignen sich bei der Hinrichtung durch Strom grauenvolle Horrorszenarien: Das Sterben dauert oft Minuten lang und manchmal erfolgt der Tod erst nach mehreren Anwendungen des Stromstosses.

Die optimale Lösung der Hinrichtung war noch nicht gefunden, so kam man auf das Giftgas. Verwendet werden die Chemikalien Natriumzyanid und schweflige Säure. Treffen beide Substanzen aufeinander, entwickelt sich Blausäure, eines der stärksten und am schnellsten wirkenden Gifte. Es lähmt innerhalb von Sekunden die Zellatmung, der Tod tritt durch innere Erstickung ein.

Aber auch in der Gaskammer verläuft nicht immer alles nach Plan: In der Gaskammer von San Quentin (Kalifornien) starb am 2. Mai 1960 Caryl Chessman, der seinerzeit berühmteste Todeskandidat. Er hatte zwölf Jahre lang in der Todeszelle gesessen, und Prominente aus aller Welt hatten sich für seine Begnadigung eingesetzt. Im Protokoll der Hinrichtung heisst es: "Um 10.03 Uhr fielen die Zyanidkapseln in den Säuretank. Tödliche Blausäuredämpfe stiegen hoch. Caryl Chessman atmete zwanzig Sekunden lang ruhig. Dann starrte er zur Decke. Um 10.05 Uhr begann er zu keuchen. Eine Minute später trat ihm Schweiß auf die Stirn, Speichel tropfte aus seinem Mund. Er fiel nach vorn in die Gurte, weinte, sein Körper bäumte sich auf. Um 10.12 Uhr war er tot."

Experten suchten weiter nach der "humansten" Hinrichtungsmethode. Man kam dabei auf das Vergiften zurück, den Giftbecher der Antike. Die Giftspritze wird in Form eines computergesteuerten Injektionsautomaten verabreicht. Nur die Kanüle mit dem Schlauch muss noch von Hand in die Vene gestochen werden - den Rest besorgt die Maschine.

Auf die Frage, was er von dem Injektionsautomaten halte, antwortete Dr. Pedro Cayabyab, Gefängnisarzt von Potosi (US-Bundesstaat Missouri): "Ich denke, es ist die humanste Art. Manchmal habe ich einen alten Hund oder eine alte Katze, die bringe ich zur gemeinnützigen Gesellschaft, da werden sie eingeschläfert. Es ist genau dasselbe. Wie beim Tierarzt. Fünf Minuten."

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